Dartitis, eine ernsthafte Blockade oder gar Krankheit? Noch immer gibt es viele Menschen, ob direkt aus dem Dartzirkus oder aus anderen Sportbereichen, die darauf mal mit überheblichem Schmunzeln, mal mit ungläubigem Kopfschütteln reagieren.

Es ist höchste Zeit, der Darterverletzung Nummer Eins die Wichtigkeit beizumessen, die sie verdient. Was man unter Dartitis versteht, welche Ursachen sie hat und was dagegen helfen kann, erfährst du im Folgenden.

Was ist Dartitis?

Bei Dartitis handelt es sich um einen Zustand, in dem der betroffene Dartspieler plötzlich nicht mehr in der Lage ist, seine Wurfbewegung so locker und flüssig – kurz routiniert – wie vorher auszuführen und den Pfeil im gewünschten Moment loszulassen.

Dartitis wird oft als Krankheit bezeichnet. Wir finden es jedoch treffender, von einer Blockade zu sprechen. Diese hat zwar in der Regel psychische beziehungsweise mentale Ursachen, ist also zumeist ein „Kopfproblem“; doch auch physische Aspekte können sie begünstigen.

Fest steht jedenfalls, dass keine Dartitis der anderen gleicht. Die Ursachen, Auslöser und Symptome sind ebenso individuell wie die Gegenmaßnahmen, die letztlich dazu beitragen, das Problem zu lösen. Deshalb gibt es kein allgemeingültiges Rezept zur Bekämpfung der Blockade.

Dartitis kann jeden treffen!

Wichtig:

Wenn dir hin und wieder mal ein Wurf gehörig misslingt oder du ab und zu auch mehrere Fehlversuche hintereinander produzierst, heißt das noch lange nicht, dass du Dartitis hast. Sorge dich also nicht zu schnell, denn man kann sich die Blockade auch herbeireden.

Welche Symptome treten bei Dartitis auf?

Auch wenn Dartitis überwiegend als ein Phänomen betrachtet wird, das sich immer mehr oder weniger gleich äußert, schließen wir aus unseren eigenen Erfahrungen, dass es mindestens zwei Ausprägungen gibt, die auch als Leitsymptome fungieren:

  • Nicht-Loslassen-Können
  • Nicht-Werfen-Können

Nicht-Loslassen-Können

Der Betroffene schafft es nicht mehr, den Pfeil in genau dem Moment loszulassen, in dem er ihn loslassen möchte. In der Praxis sieht das dann ungefähr so aus:

Es wirkt von außen, also für den Zuschauer, erst einmal, als würde der Spieler normal ausholen (das Empfinden des Leidenden ist logischerweise auch hierbei schon ein ganz anderes). Er hält den Dart, zielt und führt die Hand zum Wurf nach vorne – lässt den Pfeil aber nicht los, als hätte er „vergessen“, dass dieser Schritt dazugehört.

Stell es dir am ehesten so vor, als wäre ein Seil um deine Wurfhand geschlungen, das jemand hinter dir so stark festhält, dass es dir nicht gelingt, den Pfeil freizugeben.

Beim verzweifelten Versuch, den Dart loszulassen, fällt manch ein Spieler sogar über das Oche in Richtung Scheibe.

Anmerkung:

Das Nicht-Loslassen-Können ist die typische Dartitis-Variante, also die, die bei den meisten Betroffenen auftritt.

Nicht-Werfen-Können

Beim Nicht-Werfen-Können stehen die Dinge noch schlimmer. Hier erkennt auch der Zuschauer auf Anhieb, dass eine Blockade vorliegt.

Der betroffene Spieler steht irgendwie komisch an der Wurflinie, hat eine seltsame Körperhaltung und die Bewegung wirkt alles andere als rund. Es ist von außen deutlich zu sehen, dass sich der Darter unwohl und unsicher fühlt.

Die umfassende Verkrampfung führt dazu, dass die Ausholbewegung nicht wie sonst gelingt. Und dann folgt gemeinhin das, was auch beim Nicht-Loslassen-Können die Krux ist:

Der Dart will einfach nicht Richtung Scheibe fliegen, er stockt in der Hand. Und lässt der Betroffene den Pfeil doch noch mit Mühe los, landet er irgendwo, aber gewiss nicht dort, wo er hin sollte.

Welche Ursachen hat Dartitis?

Dartitis hat üblicherweise psychische Ursachen. Es können allerdings auch physische Aspekte mit reinspielen. Bevor wir auf die wichtigsten Theorien eingehen, möchten wir noch anmerken, dass die Blockade nicht einfach von heute auf morgen kommt, sondern sich schleichend entwickelt, in etwa so:

Erste Zeit als Dartspieler. Man hat Spaß am Üben und Spielen, denkt nicht viel nach, was sich in einem lockeren, flüssigen Wurf und guten Rhythmus widerspiegelt.

Erste Drucksituation durch gestiegene Erwartungen, ob von außen durch Dritte oder innerlich. Man beginnt, viel mehr nachzudenken, gerät aus dem Flow und verpasst bei einem wichtigen Spiel den richtigen „Loslassmoment“.

Negative Gefühle nach diesem „vermasselten“ Spiel. Man hält sich für unfähig, einen Versager. Das Selbstvertrauen sinkt, das Grübeln nimmt zu.

Die Aussetzer beim Wurf häufen sich, aber nur bei öffentlichen Auftritten, während beim Training alles weitestgehend in Ordnung ist. Man kann sich diese extreme Diskrepanz nicht erklären. „Warum bin ich bei Turnieren nicht mehr Herr über meine eigene Hand?!“

Immer mehr Grübeln. Man zweifelt auf einmal an seiner einst so guten Wurftechnik und beginnt an ihr zu tüfteln und zu feilen. Doch es bringt nichts.

Keinerlei Erfolgserlebnisse. Man setzt sich deswegen nur immer weiter unter Druck und verkrampft mehr und mehr. Es ist ein Teufelskreis, der sich bei vielen Betroffenen einige Male wiederholt, bis sie sich ihrer Dartitis auch wirklich bewusst werden.

Theorien zu den Ursachen der Dartitis

Die wichtigsten (wissenschaftlichen) Theorien zu den Ursachen der Dartitis sind:

  • Distraction Theory
  • Self-Focus Theory

Distraction Theory

In einer Drucksituation macht sich der Dartspieler große Sorgen über seine Leistung und denkt zu viel nach. Das blockiert das Arbeitsgedächtnis im Gehirn.

Durch die Blockade ist das Arbeitsgedächtnis nicht mehr imstande, die für den Wurf beziehungsweise dessen Bewegungsablauf relevanten Reize zu verarbeiten, da die Ressourcen schon für die Sorgen und Bedenken verbraucht sind.

Self-Focus Theory (nach Baumeister, 1984)

In einer Situation, die der Dartspieler als wichtig empfindet, lenkt er seine gesamte Aufmerksamkeit nach innen, also auf sich selbst.

Die Verschiebung der Aufmerksamkeit vom Wurf zum Ich, genauer zu den eigenen Empfindungen und Gedanken, verhindert den flüssigen Ablauf der eigentlich automatisierten Bewegung.

Anmerkung:

Diese wissenschaftlichen Theorien beziehen sich allgemein auf mentale Blockaden im Sport, sie sind also nicht dartspezifisch.

Es gibt noch viele weitere potenzielle Ursachen, die zwar keinen wissenschaftlichen Hintergrund haben, dafür aber auf Erfahrungen beruhen. Hier die relevantesten im Überblick:

  • ergebnisorientierte Einstellung zum Spiel („Gewinne ich, bin ich grandios, verliere ich, bin ich ein Versager.“)
  • von außen auferlegter Erfolgsdruck (z.B. drohender medialer Verriss oder sonstige negative externe Folgen bei einer Niederlage oder einem schlechten Abschneiden, beispielsweise eine Vertragsauflösung)
  • unglückliche Lebensumstände (z.B. familiäre Probleme, Geld-/Existenzsorgen)

Mögliche physische Ursachen:

  • Überübung (ja, man kann sich tatsächlich durch übertriebenes Üben eine Dartitis „heranzüchten“)
  • eingerosteter Bewegungsapparat
  • einseitige Beanspruchung

Was hilft gegen Dartitis?

Was gegen Dartitis hilft, hängt primär von der Ursache ab. Das EINE Gegenmittel gibt es nicht. Deshalb gilt es erst einmal herauszufinden, warum man die Blockade entwickelt hat.

Bei vielen Betroffenen ist die ergebnisorientierte Einstellung zum Spiel das Problem. Sie bewerten nur das erreichte Resultat, nicht die eigene Leistung. Wenn du dich angesprochen fühlst, versuch dir stets Folgendes vor Augen zu halten:

Du kannst den Sieg nicht kontrollieren, wohl aber deine eigene Leistung.

Beispiel: Stell dir vor, du schaffst den besten Average – also Durchschnittsscore pro Aufnahme – deiner bisherigen Dartkarriere, verlierst aber das Spiel.

Statt dich zu grämen, dass du das Spiel verloren hast, solltest du dich eigentlich über DEINE Leistungssteigerung freuen.

Darum geht es, wenn davon gesprochen wird, dass man seine Einstellung zum Spiel verändern sollte.

Und wenn du mal eine Leistung bringst, die unter deinem aktuellen Niveau liegt: So what! Jeder hat mal einen miesen Tag. Versuch also alles ein bisschen gelassener zu sehen. Dart ist letztlich auch nur ein Spiel, das vor allem Spaß bereiten sollte.

Was wir grundsätzlich jedem ambitionierten Dartspieler raten: Arbeite möglichst von Beginn an sowohl physisch als auch mental an deinem Spiel. Fokussiere dich also nicht allein auf das Verbessern deines Wurfes, sondern beachte auch die „kopfliche“ Komponente.

Kurzum:

Plane Mentaltraining mit ein – es kann helfen, einer Dartitis vorzubeugen.

Manche Betroffene haben auch gute Erfahrungen damit gemacht, eine längere Pause einzulegen und/oder noch einmal ganz von vorn mit dem Dart Training anzufangen, sprich komplett auf den Anfängerstatus zurückzugehen und sich Dart wieder neu anzueignen.

Dafür braucht es aber unbedingt einen freien Kopf. Du siehst: Ohne Mentaltraining geht es nicht.

Welche bekannten Spieler hatten schon Dartitis?

Es ist von mehreren Profis bekannt, dass sie bereits Dartitis hatten. Die berühmtesten Beispiele sind Eric Bristow, Mensur Suljovic und Berry van Peer. Zudem wurde im vergangenen Jahr gemunkelt, dass Nathan Aspinall an Dartitis leiden könnte.

Darts-Profi trotzt Krankheit

Natascha

Unsere Autorin Natascha interessiert sich vor allem für die psychologische Seite des Dartsports. Sie ist davon überzeugt, dass die mentale Verfassung zu mehr als 50 Prozent darüber entscheidet, ob man erfolgreich Darts spielt. Zudem glaubt sie fest daran, dass es den grauen Zellen gut tut, regelmäßig Pfeile auf die Sisalscheibe zu werfen.